Rezensionsplitter zur Inszenierung „Steppenwolf“ des Jungen Ensembles Stuttgart

Rezen­si­ons­plit­ter zur Insze­nie­rung „Step­pen­wolf“ des Jun­gen Ensem­bles Stuttgart

Ver­fasst wur­den die­se Ein­drü­cke von den Leis­tungs­fach Deutsch Schü­le­rin­nen und Schü­ler des Albert-Ein­stein-Gym­na­si­ums in Reut­lin­gen, nach­dem sie die Insze­nie­rung im Febru­ar 2021 über ein Strea­ming-Ange­bot des JES online ange­schaut hatten:

„Der Step­pen­wolf“ von Her­man Hes­se ist eine der wich­tigs­ten und bedeu­tends­ten Roma­ne der deut­schen Lite­ra­tur. Dar­um ist es auch selbst­ver­ständ­lich, dass die­ses Werk in der Kurs­stu­fe behan­delt wird:

Der Prot­ago­nist Har­ry Hal­ler lei­det unter der Zer­ris­sen­heit einer geist­lo­sen Zeit, die von Krieg, Umbruch und Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit geprägt ist. Er fin­det aus sei­ner Exis­tenz­kri­se, indem er erkennt, dass der Mensch aus vie­len See­len­tei­len besteht und er das Leben mit Humor anneh­men muss. Das Werk glie­dert sich in drei Haupt­tei­le: ein Vor­wort des fik­ti­ven Her­aus­ge­bers und Har­ry Hal­lers Auf­zeich­nun­gen, bei­de in der Ich-Form geschrie­ben, sowie das „Trak­tat vom Step­pen­wolf“, das Hal­lers Auf­zeich­nun­gen unter­bricht. Sowohl Hal­lers Auf­zeich­nun­gen als auch das Trak­tat tra­gen die Unter­ti­tel „Nur für Verrückte“.

Wir, die Leis­tungs­kur­se Deutsch des Albert-Ein­stein-Gym­na­si­ums in Reut­lin­gen, inter­es­sier­ten  uns, wie pas­send zu unse­rem Stern­chen­the­ma „Step­pen­wolf“ aus einem Roman ein Thea­ter­stück, eine Thea­ter­auf­füh­rung wer­den kann. So sind wir auf die Insze­nie­rung des Jun­gen Ensem­bles Stutt­gart auf­merk­sam gewor­den. Auf Grund der Coro­na-Rege­lun­gen war es lei­der nicht mög­lich, das Stück vor Ort anzu­schau­en, daher haben wir es über einen Link online anschau­en dür­fen. Hier schon ein­mal ein gro­ßes Lob an das Jun­ge Ensem­ble Stutt­gart, dass Sie auch in sol­chen Zei­ten uns dies ermög­li­chen konnten.

Nach unse­rer aus­gie­bi­gen Vor­be­rei­tung auf den Step­pen­wolfs, war die Insze­nie­rung genau das Rich­ti­ge. Sie half einem dabei, Ein­zel­hei­ten bes­ser zu ver­ste­hen oder feh­len­de Sach­ver­hal­te zu verknüpfen.

Anfangs war ich etwas erschro­cken und erschla­gen von der Pas­si­on und Lei­den­schaft, wel­che von den Schau­spie­lern zu Tage gelegt wurde.

Ich muss sagen, ich fand die Insze­nie­rung anfangs komisch oder unpas­send, da ich ein wenig ver­wirrt war, wie vie­le Per­so­nen den Step­pen­wolf spie­len und ich mir das mit meh­re­ren Schau­spie­lern für eine Rol­le nur schwer vor­stel­len konn­te. Die­se anfäng­li­che Ver­wir­rung stell­te sich dann aber nach paar Minu­ten als eine Begeis­te­rung für eine außer­ge­wöhn­li­che Idee heraus.

Anfangs war ich etwas skep­tisch, da der Step­pen­wolf von vie­len ver­schie­de­nen Per­so­nen ver­kör­pert wur­de und das etwas durch­ein­an­der rüber­kam. Nach ein Paar Sze­nen aller­dings war ich sehr begeis­tert von die­ser Idee, da man so sehen konn­te, wie vie­le ver­schie­de­ne Per­sön­lich­kei­ten der Step­pen­wolf tat­säch­lich hat […]. An die­ser Stel­le kann man auch erwäh­nen, dass die Schau­spiel­küns­te der Dar­stel­ler sehr über­zeug­ten. Man fühl­te sich nie gelang­weilt und fühl­te in fast jeder Sze­ne selbst mit. Am bes­ten gefal­len hat mir der Schau­spie­ler, der die wolf­ar­ti­ge und durch­ge­dreh­te Per­sön­lich­keit ver­kör­per­te, da man total gut nach­voll­zie­hen konn­te, was gera­de in Har­ry Hal­ler vor sich geht.

Schau­spie­le­ri­sche Leis­tung mit Kraft und Ausdruck.

Es emp­fiehlt sich vor der Insze­nie­rung bereits einen Bezug zum Roman zu haben, um dem Stück ange­mes­sen fol­gen zu kön­nen. Doch hat man die­sen Bezug, ist die Insze­nie­rung und die Hand­lung ver­ständ­lich. Beson­ders die Gefühls­wel­ten / Per­sön­lich­kei­ten von Har­ry Hal­ler kom­men durch die ver­schie­de­nen Dar­stel­ler gut zum Ausdruck.

Das Stück ist außer­dem auf­fal­lend frei und abs­trakt. So beant­wor­tet die Insze­nie­rung vie­le Fra­gen wie bei­spiels­wei­se wie­so Har­ry Hal­ler unter­schied­li­che Per­sön­lich­kei­ten hat. Gleich­zei­tig wirft es aller­dings auch vie­le neue Fra­gen (beson­ders bezüg­lich Her­mi­ne) auf. An man­chen Stel­len wirkt das Stück des­halb etwas komisch, wes­we­gen der Zuschau­er sich erst ein­fin­den muss.

An die­ser Stel­le, darf man auch nicht ver­ges­sen, die Schau­spie­ler, Tech­ni­ker und das gan­ze Team hin­ter so einem Stück zu loben, die mei­ner Mei­nung nach das Stück noch­mal von einer ande­ren Per­spek­ti­ve gezeigt haben, die den­noch pas­send ist.

Es wur­de sehr viel mit Musik gear­bei­tet was dem Stück einen sehr moder­nen Touch gege­ben hat.

Auch der Ein­stieg war sehr modern gestal­tet. Es wur­de so modern und inter­es­sant gestal­tet, dass man dadurch das Bedürf­nis nach Ver­ständ­nis erlangt hat und man so auf einen etwas ande­ren Weg in das Stück gelei­tet wur­de.
Der Ein­stieg wur­de wie­der­um auch sehr gut mit dem Schluss ver­bun­den, sodass man sehr gut auch wie­der aus dem Stück her­aus gefun­den hat und man die­ses Bedürf­nis nach Ver­ständ­nis gestillt bekom­men hat.

Super unter­malt wur­den die Sze­nen mit pas­sen­der Musik und gut durch­dach­tem Licht­ein­satz. Dadurch bekam man sogar über den Bild­schirm zuhau­se das pas­sen­de Gefühl zur Situa­ti­on. Die ein­zi­ge Sache, die ich etwas über­flüs­sig fand, war das Zei­gen des Tex­tes. Manch­mal war man etwas abge­lenkt, da man den Text lesen woll­te und sich in die­ser Zeit nicht mehr auf das Stück konzentrierte.

Jedoch muss man auch erwäh­nen, dass man­che Tei­le des Stü­ckes über­spitzt und abs­trakt dar­ge­stellt wur­den, was wie­der­um nicht jedem bekom­men mag.

Außer­dem ist es fast schon ein Muss das Buch vor­her gele­sen zu haben, denn ansons­ten kann die­se moder­ne Auf­fas­sung zu Ver­wir­rung und Unver­ständ­nis füh­ren. Die gewoll­te Ver­wir­rung, die das Ensem­ble hier ein­baut, kann somit miss­ver­stan­den und das gan­ze Stück falsch auf­ge­nom­men werden.

Es mag zwar zu Beginn Über­win­dung kos­ten sich dar­auf ein­zu­las­sen, doch wenn man die­se „Hür­de“ über­win­det und sich ohne Vor­ur­tei­le dar­auf ein­lässt, ist es eine Erfah­rung wert.

Das Stück hat einen gefes­selt und fest gehal­ten. In kei­nem Moment war mir lang­wei­lig oder hat­te ich den Drang, etwas ande­res zu tun. Ich fin­de, dass es eine per­fek­te Ergän­zung zum Buch ist und man sich auf jeden Fall die­se tol­le Insze­nie­rung anschau­en muss.

Man hat gese­hen, dass sehr viel Übung hin­ter der Insze­nie­rung steckt und dass die Teil­neh­mer sich ganz viel Mühe gege­ben haben.

Alles in allem war es eine sehr unter­halt­sa­me und infor­ma­ti­ve Insze­nie­rung. Ich kann die­se wirk­lich nur wei­ter­emp­feh­len für wei­te­re Abi-Klas­sen und bedan­ke mich bei dem Jun­gen Ensem­ble Stutt­gart für die­se tol­len Eindrücke.

Ich wür­de es vor allem den Deutsch Leis­tungs­kur­sen und natür­lich jedem, der dar­an inter­es­siert ist, emp­feh­len, die­se Insze­nie­rung anzu­schau­en. Auch wenn es Über­win­dung kos­ten mag, bekommt man einen neu­en, moder­nen und inter­es­san­ten Blick­win­kel auf den Roman.

Hier­mit dan­ke ich auch der Grup­pe für die­se tol­le Erfah­rung und auch dafür, uns ein wenig Nor­ma­li­tät zurück zu geben in die­ser schwie­ri­gen Zeit. Im Gro­ßen und Gan­zen fand ich die Insze­nie­rung gut und hof­fe, dass auch ande­re Schu­len sie benut­zen wer­den, um das Buch aus einer wei­te­ren Per­spek­ti­ve betrach­ten zu können.